Das Ende – oder doch nicht?

Einige Leute sind ja der Auffassung, dass am 21.12.2012 die Welt untergehen wird, wobei Sie sich bei ihren Prophezeiungen auf den Maya-Kalender berufen. Grund genug sich diesen einmal etwas näher anzusehen.

Das hochentwickelte Kalendersystem der Maya ist im Wesentlichen in drei einander ergänzende Kalender unterteilt:

Da gibt es zunächst den Haab-Kalender, der überwiegend für zivile Zwecke verwendet wurde. Mit ihm berechneten die Maya z.B ihre Saat- und Erntezeiten. Dieser Haab-Kalender teilt, wie wir es kennen, das Jahr in 365 Tage. Diese werden dann zu insgesamt 19 Monaten zusammengefasst, wobei die ersten 18 Monate je 20 Tage dauern. Die übrigen 5 Tage entfallen auf den 19. Monat. Es ist sogar möglich, wenn auch noch nicht schlüssig bewiesen, dass die Maya aller vier Jahre den 19. Monat um einen sechsten Tag erweiterten, also den uns bekannten „Schalttag“ berücksichtigten.

Dann gibt es noch den für rituelle Zwecke benötige sogenannte Tzolkin-Kalender. Bei diesem wird jeder Tag durch Kombination einer Zahl von 1 bis 13 mit einer der zwanzig Schutzgottheiten dargestellt. Der Tzolkin-Kalender umfasst daher nur 13x20=260 Tage.

Basierend auf dem Haab-Kalender und dem Tzolkin-Kalender wird die sogenannte Kalenderrunde definiert. Diese dauert 18.980 Tage. Das sind 52 Haab-Jahre bzw. 73 Tzolkin-Jahre. Innerhalb einer jeden solchen Periode sind alle Kombinationen von Haab- und Tzolkin-Daten eindeutig und wiederholen sich mit dem Beginn der folgenden Kalenderrunde.

Für astronomische Berechnungen und historische Aufzeichnungen verwendeten die Maya schließlich noch die sogenannte Lange Zählung. Dabei wurden üblicherweise fünf Stellen genutzt, die Baktun (die vorderste Stelle), Katun, Tun, Uinal und Kin (die letzte Stelle) heißen, und jeweils Werte von 0 bis 12 (Baktun), 0 bis 19 (Katun und Tun), 0 bis 17 (Uinal) und wieder 0 bis 19 (Kin) annehmen.

Die Lange Zählung steht außerdem im Einklang mit dem Haab-Kalender: Die letzte Stelle der Langen Zählung zählt die Tage (Kin); und nach einem Durchlauf von 0 bis 19 ist ein Monat (Uinal) im Haab-Kalender vergangen. Nach 18 Haab-Monaten, d.h. einem Durchlauf der zweitletzten Stelle, sind 18x20=360 Tage absolviert. Das ist genau ein Haab-Jahr abzüglich der Tage des „unvollständigen“ 19. Monats. Eine solche 360-tägige Periode heißt Tun. Weiter bilden 20 Tun (oder 20x360=7.200 Tage) ein Katun und 20 Katun (oder 20x7.200=144.000 Tage) ein Baktun.
Es gibt außerdem noch weitere Bezeichnungen für Zeiträume, die mehrere Baktun umfassen. Diese langen Zeiträume kommen jedoch nur in sehr wenigen Quellen vor, wie z.B. im Dresdner Mayacodex.

Übrigens, dasselbe Prinzip kennen wir von unseren Jahreszahlen: Momentan sind bei der uns gebräuchlichen Jahreszählung vier Stellen nötig, wobei eine jede die zehn Werte 0 bis 9 des Dezimalsystems annehmen kann (statt 20 Werte von 0 bis 19 wie bei den Maya üblich).

Die vollständige Datumsangabe bei den Maya erfolgt nun unter Berücksichtigung aller drei Kalender.
Nach Wikipedia lautet der Todestag des Herrschers Pakal I. von Palenque im Maya-Kalender wie folgt: 9.12.11.5.18 6 Edznab 11 Yax.
Dabei stehen die ersten fünf Zahlen für die Datumsangabe in der Langen Zählung, „6 Edznab“ beschreibt den Tag im Tzolkin-Kalender und „11 Yax“ ist die Bezeichnung des Tages im Haab-Kalender.

Bei obiger Datumsangabe werden nun die Tage wie folgt gezählt: 9 Baktun-Perioden +12 Katun-Perioden +11 Tun-Perioden + 5 Uinal-Perioden (Monate) +18 Kin (Tage) = 9x144.000 (=1.296.000) + 12x7.200 (=86.400) + 11x360 (=3.960) + 5x20 (=100) + 18 = 1.386.478 Tage. Das heißt, Pakal I. von Palenque starb 1.386.478 Tage nach Erschaffung der Welt, wobei sein Todestag auf die Tage 6 Edznab bzw. 11 Yax im Tzolkin- bzw. Haab-Kalender fiel.

Zum Vergleich: Das Jahr 2012 wird im uns bekannten Dezimalsystem wie folgt ausgedrückt: 2x1000 (=2000) + 0x100 (=0) + 1x10 (=10) + 2 = 2012.

Soweit zum Prinzip des Kalendersystems der Maya. Kommen wir nun zum vermeintlichen Weltuntergangsszenario. Dazu benötigen wir zunächst das Anfangsdatum des Maya-Kalenders. Es lautet: 13.0.0.0.0 4 Ahau 8 Cumku, wobei der Datumsbestandteil 4 Ahau des Tzolkin-Kalenders sich nach der Mythologie der Maya auf die ersten vier Menschen (Ahau = „Herren“) der gegenwärtigen Schöpfung, den Menschen aus Mais, bezieht. (Statt 0.0.0.0.0 verwendeten die Maya selbst 13.0.0.0.0 für die Lange Zählung. Sie haben also die führende 0 durch eine 13 ersetzt.)

Der Anfang des nächsten 13-Baktun-Zyklus hat folgendes Datum: 13.0.0.0.0 4 Ahau 3 Kankin. – Es ist die Übereinstimmung der Stellen in der Langen Zählung beider Daten, die manche Menschen dazu verleiten letzteres Datum mit dem Ende der Welt zu assoziieren. Diese Leute meinen nämlich, dass nach diesem einem 13-Baktum-Zyklus Schluss ist und auch, dass vorher nichts war. – Da aber liegt das Problem.

Vergleicht man zunächst beide Daten so fällt auf, dass sich der Datumsbestandteil 4 Ahau, das den Tag im Tzolkin-Kalender beschreibt, genau nach 13 Baktun, das sind 1.872.000 Tage, wiederholt. Dies ist kein Zufall, da das kleinste gemeinsame Vielfache der Länge des Tzolkin-Jahres (260 Tage) und eines Baktun (144.000 Tage) eben genau 1.872.000 Tage (ca. 5128 Jahre) oder 13 Baktun sind.

Darüber hinaus lässt sich mathematisch zeigen, dass das für die Maya bedeutsame Tzolkin-Datum 4 Ahau auch nach 13 Katun, 13 Tun und 13 Uinal wieder auftritt. Man vermutet in der Tatsache, dass sich das 4-Ahau-Datum nach 13 Tun wieder einstellen kann, den Grund, weshalb die Maya in der Langen Zählung das Jahr (Tun) auf 360 Tage verkürzt haben, obwohl sie, wie der 365 Tage umfassende Haab-Kalender beweist, sehr wohl wussten, dass ein Sonnenjahr 365 Tage dauert.

Wir nähern uns weiter dem Weltuntergang – oder doch nicht! Einerseits wird die Schöpfung der Mais-Menschen auf den Tag 13.0.0.0.0 4 Ahau 8 Cumku datiert. Andererseits lautet das Anfangsdatum des neuen 13-Baktun-Zyklus 13.0.0.0.0 4 Ahau 3 Kankin. Rechnet man nun beide Daten mittels der von den meisten Fachleuten akzeptierten sogenannten Thompson-Gleichung in das von uns gebräuchliche Kalendersystem um, so erhält man für letzteres Datum den 21. Dezember 2012. Die Schöpfung der Mais-Menschen fand demzufolge im Jahre 3114 v. Chr. statt.

Der 21. Dezember diesen Jahres bezeichnet also nichts weiter als den Beginn eines neuen 13-Bakun-Zykluses. Dass an diesem Tag nicht mit dem Ende der Welt zu rechnen ist, legt außerdem ein näherer Blick auf das Maya-Datum nahe: Zwar stimmen für beide oben genannten Daten die Stellen der Langen Zählung und – per Konstruktion des Kalendersystems – der Tag im Tzolkin-Jahr überein, das gilt jedoch nicht für die Position der Datumsangaben im Haab-Jahr: So fällt das Datum 13.0.0.0.0 im Jahre 3114 v. Chr. auf den Tag 8 Cumku, wohingegen 13.0.0.0.0 im Jahre 2012 auf den Tag 3 Kankin im Haab-Kalender entfällt. – Wenn man also den Tag des Weltuntergangs mit der vollständigen Übereinstimmung zweier Daten im Maya-Kalender assoziieren will, hat man dieses Jahr kein Glück!
Übrigens, nach weiteren 13 Baktun (ca. 5128 Jahren) auch nicht. Dann lautet das Datum im Maya-Kalender 13.0.0.0.0 4 Ahau 18 Chen. Also wieder keine Übereinstimmung mit dem Schöpfungsdatum!

Auf Basis des Maya-Kalenders lässt sich also in absehbarer Zeit beim besten Willen nicht auf einen drohenden Weltuntergang schließen, zumal die Maya selbst nachweislich weit über das Ende des noch aktuellen Baktun-Zyklus in die Zukunft gerechnet haben. So wird z.B. ein Thronjubiläum des Herrschers Pacal im Jahr 4772 erwähnt. Außerdem sind sogar Daten aus einer Zeit vor der Schöpfung der Mais-Menschen im Jahre 3114 v. Chr. überliefert.

Es ist also wahrscheinlich, dass das Leben auf diesem Planeten über den 21. Dezember 2012 hinaus weitergehen wird und dass Weihnachten dieses Jahr nicht ausfällt. Wer bisherige Planungen über dieses Datum hinweg verweigert hat, möge sich durch diesen Beitrag zum Um- und Vorausdenken animiert sehen. In diesem Sinne: Frohe Weihnachten!

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